100 Jahre in 100 Exponaten - Ausstellung im Museum Schloss Hellenstein
Die Geschichte des Naturtheaters Heidenheim beginnt – so grotesk es klingen mag – während des Ersten Weltkrieges. Ella Schneider, die Tochter des Gärtnermeisters Gustav Müller, berichtet, dass die Idee zur Gründung des Theatervereines ihrem Vater unter schwerem Beschuss im Schützengraben gekommen sei.
Dort habe sich der Unteroffizier geschworen: „Wenn ich hier rauskomme, will ich mein Leben einsetzen für etwas, was die Menschen verbindet: Die Kunst.“
Er überlebte – und hielt Wort. 1919 wurde der Verein gegründet als „Volkskunstvereinigung Heidenheim“
Der Verein „Volkskunst-Vereinigung Verein zur Hebung und Förderung der Volksbildung und Volkskunst durch Selbstaufführung literarischer Meisterwerke“ wird im Rahmen einer Versammlung gegründet. Im selben Jahr findet ein Eröffnungsspiel und weitere Inszenierungen im Konzerthaus statt.
Der Verein wird ins Vereinsregister eingetragen.
Die Schwäbische Landesbühne erwirkt beim Kreisgericht Ellwangen ein Spielverbot für die Volkskunstvereinigung wegen “unzulässiger Konkurrenz”. Nach fast einjährigem Verfahren wird der Antrag zurückgewiesen.
Ein Teil des Vereins trennt sich und bildet den Theaterclub Heidenheim, der aber nicht lange besteht.
Die Volkskunstvereinigung fasst den Entschluss, für Heidenheim ein Naturtheater zu schaffen. Gustav Müller und weitere Vereinsmitglieder fahren nach Oetigheim, um das dortige Naturtheater zu besichtigen und Informationen einzuholen.
Am 6. März erhält die Volkskunstvereinigung von der Stadt einen Platz hinter dem Schloss zugewiesen: “Freilichtbühne zunächst auf drei Jahre”. Am 5. Juli wird die Zuschauerhalle mit 1960 Plätzen und 5 Eingängen fertiggestellt.
Am 20. Juli erfolgt die Einweihung der Naturbühne mit “Wilhelm Tell” und 200 Mitwirkenden. Sonntag für Sonntag völlig ausverkauft.
1. Vorstand ist Prof. E. Gaus.
Seitdem wird die Freilichtbühne, mit Ausnahme der Zeit des Zweiten Weltkriegs, jährlich bespielt.
Das Theatercafé wird gebaut und besteht bis ins ins Jahr 1987, in dem es abgerissen und neu errichtet wird.
Die Stadt überlässt der Volkskunstvereinigung den Platz pachtweise auf unbestimmte Zeit.
Am 11. August findet die 100. Aufführung statt.
Der Verein ist schuldenfrei und als gemeinnützig anerkannt und damit die einzige Freilichtbühne in Württemberg.
Im Goethejahr (100-jähriger Todestag) wird Götz von Berlichingen gespielt – mit über 400 Mitwirkenden.
Auf dem Eugen-Jaekle-Platz findet im Rahmen der Goethe-Schiller-Feier eine Aufführung von Szenen aus dem „Götz von Berlichingen“ statt.
Das neue Volkskunsthaus an der Bergstraße (heute Café Swing) wird eingeweiht.
Während der “Egmont” Aufführungen wird der Spielbetrieb bis zum Kriegsende eingestellt.
„Am Vortag des 4. Spielsonntags wurde durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges am 1. August 1939 das Spiel jäh unterbrochen und die Pforten des Naturtheaters schlossen sich. Am Sonntag darauf war es schon von einer Flakeinheit belegt.“ (Seubert)
Gründer Gustav Müller stirbt am 19. Juli.
Im Dezember finden wieder Vorstellungen im Konzerthaus statt.
„An zwei Sonntagen wurde die Verlassenheit des Musentempels durch das Spiel ‚Jung-Siegfried‘ unterbrochen und von den wenigen nicht eingerückten Spielern und den vielen einsamen Jungfrauen mit großer Begeisterung gespielt. Einsam ragt das vom Egmont-Spiel stehen gebliebene Mittelstück des Rathauses hervor.“ (Aus: Fotoalbum Seubert)
Gezeigt werden vier Aufführungen mit 13.000 Zuschauern.
Nach der sogenannten “Stunde Null” vollzieht sich in Heidenheim die Wiederaufnahme eines gewöhnlichen Alltages aufgrund der geringen Zerstörungen relativ schnell. Die ersten Aufführungen des wieder aktiven Vereins finden am 2. Februar als Saalspiel statt. Am 28. Juli wird nach der Kriegsunterbrechung die Freilichtbühne wieder bespielt und somit die Zeit der Nachkriegsinszenierungen mit dem symbolischen Titel „Das tapfere Schneiderlein“ eingeleitet.
Durch den Einbau einer Beleuchtungsanlage werden erstmals Abendaufführungen möglich.
Die Heidenheimer Kammerspiele werden gegründet, die offenbar nur kurzfristig bestehen.
Der Verein nennt sich künftig „Heidenheimer Volksschauspiele“.
Im August wird im Naturtheater die Meisterschaft im Kunstturnen der US-Zonen ausgetragen.
In der Schwäbischen Heimatkund bei Radio Stuttgart wird eine Sendung über das Naturtheater Heidenheim gebracht.
Dank Unterstützung der Firma Voith kann die erste Tonanlage angeschafft werden.
Anlässlich des 25-jährigen Freilichtbühnenjubiläums schenkt die Stadt Heidenheim dem Verein das Gelände.
Zur Erweiterung der tontechnischen Anlage werden die ersten transportablen Tonbandmaschinen angeschafft.
Mit insgesamt 95.000 Besuchern ist dies die bisher erfolgreichste Spielzeit seit Bestehen des Vereins.
Neue Umkleide-, Kostüm- und Aufenthaltsräume werden errichtet: „In diesem Spieljahr wurde das längst fällige Spielerhaus errichtet, da die vorhandenen Hütten in keiner Weise mehr den Anforderungen genügten“ (Bericht Karl Krack)
Im Naturtheater wird der erste Länderkampf im Fechten Russland-Deutschland ausgetragen.
Mit Elisabeth Burkhardt führt zum ersten Mal eine Frau Regie.
Große Umbaumaßnahmen bis 1963: Theatersaal mit Kasino, Kostümfundus, Umkleide- und Geräteräume, neue Werkhalle, moderne Bestuhlung, Wirschaftsstände.
Im Juli wir das Volkskunsthaus abgerissen.
Im April beginnt der Neubau des Volkskunsthauses.
Im Dezember wird der Neubau eingeweiht: Entstanden sind Kostümfundus eine Werkhalle, Wirtschaftsstände und der neue Theatersaal mit Bühne und Kasino.
Der Regieraum und zwei Beleuchtungsstände werden saniert.
Eine Stereo-Beschallungsanlage wird installiert, was erstmals auf einer europäischen Freilichtbühne geschieht.
Als erste Amateurbühne in Deutschland arbeiten die Heidenheimer Volksschauspiele mit Stereoton.
Die wohl erste Aktion des Naturtheaters im Schloss findet mit der Aufführung von „Jedermann“ am Kindlesbrunnen im Schloss Hellenstein statt.
Eine elektronisch gesteuerten Beleuchtungsanlage mit elektrisch regelbaren Lichtstehpults der Fa. AEG wird installiert, wobei es sich ebenfalls um das erste Mal auf einer europäischen Freilichtbühne handelt.
In der ARD wird am 18. Juli und im SDR am 11. August eine Sendung über das Naturtheater gezeigt.
Die Saalspielgruppe „Theater am Berg“ wird gegründet.
Der Verein feiert 50jähriges Bestehen und erhält aus diesem Anlass die Ehrenmedaille der Stadt Heidenheim.
Die zum Teil seit 1924 bestehenden Wirtschaftsstände im Besucherareal werden abgebaut und durch moderne Pavillons ersetzt.
Am 4. März 1972 ist bei der Generalversammlung von „Kultur im Konkurs“ die Rede und die Auflösung des Vereins wird diskutiert.
Der Verein ruft die „Euro-Theatertage“ ins Leben.
In die Zuschauerhalle werden Kinostühle eingebaut.
Durch die zweiten Europäischen Theaterfesttage wird Heidenheim im Sommer zu einem Zentrum des europäischen Amateurtheaterspiels.
50 Jahre Naturtheater werden gefeiert.
Die “Majoretten” werden als eigenständige Gruppe gegründet.
Das erste Kinderstück auf der Freilichtbühne!
Eine Schauspielschule wird gegründet.
Die Tonübertragung auf der Bühne wurde komplett durch eine moderne Anlage erneuert.
Spaltung des Vereins. Eine Gruppe gründet in Königsbronn die “Freilichtbühne am Brenzursprung”.
Es gibt eine weitere Spaltung: Die Sasse wird gegründet.
Die Naturtheater Grundstücks GmbH der Stadt Heidenheim übernimmt die Schulden (300.000 DM) und das Gelände des Naturtheaters.
Bei der Hauptversammlung im September 1983 wird die Übertragung des Geländes an die „Naturtheater-Grundstücksverwaltung GmbH Heidenheim“ beschlossen. Einziger Gesellschafter ist die Stadt.
Die wichtigsten Punkte:
Die Heidenheimer Volksschauspiele sind nicht mehr Eigentümer des Theatergeländes, das 1949 dem Verein von der Stadt geschenkt wurde.
Die Gesellschaft übernimmt die aufgelaufene Schuldenlast der Heidenheimer Volksschauspiele.
Die Stadt wird eine Generalsanierung des Geländes und der Baulichkeiten in Angriff nehmen.
Die ersten Volkstheatertage finden in Heidenheim statt.
Die Beleuchtungsanlage wird erneuert.
Ein computergesteuertes Lichtstellpult wird eingebaut, das bis 1993 seinen Dienst leistet.
Das alte Theater-Café wird abgebrochen.
Zur Sanierung des Naturtheaters (Theater-Café, Probenräume, Besucher-WC) wird 1 Mio DM aufgebracht.
Am 3. Juni wird das neue Theatercafé eingeweiht.
Die Volkshochschule und die Volksschauspiele rufen einen „Grundkurs für Nikoläuse“ ins Leben, der allerdings nur befristete Zeit bestand.
Die Reihe „Kleinkunst im Theatercafé“ wird gestartet. Sie schläft zwar zunächst wieder ein, erwacht aber 1999 wieder und ist seither erfolgreicher Jahresauftakt im Naturtheater.
Im September wird die alte Zuschauerhalle abgerissen
Der Förderverein Naturtheater wird im Oktober gegründet.
Am 16. Juni wird die neue Zuschauerhalle mit 1.100 Plätzen mit einer großen Gala eröffnet.
Der Verein ändert seinen Namen in „Naturtheater Heidenheim“ und heißt damit nunmehr genau wie die Bühne.
Im Mai wird die neue Lautsprecheranlage installiert.
Im September werden Schneiderei und Werkstatt abgerissen, um Platz für einen Neubau zu schaffen.
Im Mai wird der Neubau eingeweiht mit Werkstatt, dem neuen Spiegelsaal Schneiderei, Kostümverleih, Techniklader, Jugendraum, Tunnel, Holzheizung und Wasserzisterne.
Von September bis Mai soll die Aufstockung des Theatersaals in Angriff genommen werden. Kasse und Verwaltung rücken zusammen, die bisherigen Büro- und Vorstandsräume weichen einer Garderobe, das Archiv soll aus dem Keller ins erste Obergeschoss einziehen, Neugestaltung des Eingangsbereichs, der Hausanschlüsse und der Tore.
Wegen der Umbauarbeiten muss die Hauptversammlung in der Krankenhaus-Cafeteria abgehalten werden.
Die Schlosshaustraße wird in Hugo-Rupf-Platz umbenannt und das Schiller-Denkmal wird auf den neu gestalteten Platz vor dem Naturtheater versetzt.
Am 14. Mai wird der erweiterte Saalbau eingeweiht.
Vom 24. September bis zum 31. Oktober finden die 27. Baden-Württembergischen Literaturtage unter Federführung der Stadtbibliothek statt. Das Naturtheater wirkt dabei mit 30 Spielern und 10 Darbietungen seinen „Lesungen an ungewöhnlichen Orten“, z.B. Amtsgericht, Krankenhaus, Kläranlage, Kuhstall etc. mit.
Liselotte Pulver, Hauptdarstellerin aus dem Film „Ich denke oft an Piroschka“, signiert ein Plakat, das anschließend verlost wird. Seither wird jedes Jahr eine Verlosung durchgeführt.
Die “Bühne 33” wird gegründet und will die „Blues Brothers“ Inszenierung künftig aufführen.
Die Theaterjugend wird für ihr Engagement um die Integration von Geflüchteten mit dem Bürgerpreis der Kreissparkasse Heidenheim ausgezeichnet.
Umfangreiche Sanierungsarbeiten werden durchgeführt an Klause, Maske und Kostümfundus. Ein langjähriger Wunsch geht in Erfüllung: Die Saalbühne bekommt einen Schnürboden.
Das Jubiläum 100 Jahre Naturtheater Heidenheim wurde ganz nach dem Motto 100 Jahre – 100 Veranstaltungen gefeiert. Das Festwochen Programm umfasste einen Festakt, Open Air Poetry Slam, Konzerte,Musical Night, Kindertag und ein theatereigens geschriebenes Stück “…und einig wollen wir handeln” das in Kooperation mit dem Theater der Stadt Aalen produziert wurde.